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Kurz erklärt

U-Wert kurz erklärt

Der U-Wert – auch Wärmedurchgangskoeffizient genannt – beschreibt die energetische Qualität von Bauteilen der thermischen Gebäudehülle. Er gibt an, wie viel Wärme pro Quadratmeter und pro Grad Temperaturdifferenz zwischen Innenraum und Außenluft verloren geht. Dieser Artikel erklärt, wie sich der U-Wert aus den Materialeigenschaften und Schichtdicken berechnen lässt. Außerdem wird gezeigt, wie die erforderliche Mindestdicke von Dämmschichten zu bestimmen ist – sei es zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben oder zur Beantragung von Fördermitteln.

Die Praxis des U-Werts bezieht sich dabei auf ein vereinfachtes thermodynamisches Modell mit homogenen Schichten senkrecht zum Wärmestrom.

U-Wert in Watt pro Quadratmeter und Kelvin

Der U‑Wert beschreibt den Wärmestrom durch eine Bauteilfläche infolge eines Temperaturgefälles und quantifiziert damit die Transmissionswärmeverluste an der thermischen Hülle von Gebäuden.

U-Wert beschreibt Wärmestrom in Richtung eines Temperaturgefälles.

Abbildung 1: Wärmestrom (rot) in Richtung des Temperaturgefälles.

Wärme ist Energie, Energie pro Zeit ist Leistung. Die Einheit der Leistung ist Watt, Temperaturdifferenzen werden in Kelvin[1] angegeben. Bezogen auf Flächen in Quadratmetern ergibt sich daraus Watt pro Quadratmeter und Kelvin als physikalische Einheit des U-Werts.

U\text{-}Wert\text{:} ~ \left[\frac{W}{m^2K}\right]

Beispiel: bei einer Innentemperatur von 20°C und Außentemperatur von 10°C beträgt das Temperaturgefälle 10K. Damit geht durch ein Bauteil mit einer Fläche von einem Quadratmeter und einem U-Wert von 1,0 W/(m2K) eine Leistung von 10 Watt verloren.

Wärmeleitfähigkeit

Baumaterialien besitzen eine Wärmeleitfähigkeit, den sogenannten λ‑Wert, der zusammen mit der Schichtdicke den Wärmedurchgangskoeffizienten bestimmt.

λ\text{-}Wert\text{:}~ \left[ \frac{W}{m~K} \right]

Für den schichtbezogenen U-Wert eines Baumaterials dividiert man den λ-Wert durch die Schichtdicke d.

U\text{-}Wert=\frac{λ}{d}

Beispiel: eine Betonschicht mit λ=1,0 W/(m K) einer Dicke von 10 cm hat einen schichtbezogenen U-Wert von 10 W/(m2K).

U_{Betonschicht}=\frac{1{,}0~W/(mK)}{0{,}1~ m}

Merke: bei Dämmstoffen wird der λ-Wert oft als Wärmeleitstufe angegeben, wie etwa bei Mineralwolle WLS 035. Die so bezeichnete Mineralwolle hat eine Wärmeleitfähigkeit λ = 0,035 W/(m K).

U-Wert-Berechnung für Bauteil aus zwei Schichten

Betrachten wir ein Bauteil aus zwei Schichten der Wärmeleitfähigkeiten λ1 und λ2 sowie Dicken d1 und d2, wie in Abbildung 2. Weil durch beide Schichten, angedeutet durch den roten Pfeil, der gleiche Wärmestrom fließt, addieren sich für dieses Bauteil die schichtbezogenen Wärmedurchlasswiderstände.

Bauteil aus zwei Schichten.

Abbildung 2: Bauteil aus zwei Schichten.

Der Wärmedurchlasswiderstand, auch R-Wert genannt, ist der Kehrwert des U-Werts und hat die Einheit Quadratmeter und Kelvin pro Watt:

R\text{-}Wert=\frac{1}{U\text{-}Wert} ~ \left[ \frac{m^2K}{W} \right]

Mit den R-Werten der beiden Schichten

R_1=\frac{d_1}{λ_1}

und

R_2=\frac{d_2}{λ_2}

ergibt sich als schichtbezogener U-Wert des Bauteils:

U_{Bauteil}=\frac{1}{R_1+R_2}

Beispiel: Bei Schichtdicken von d1 und d2 von 10 cm sowie Wärmeleitfähigkeiten λ1 = 0,1 W/(m K) und λ2 = 1 W/(m K) ergibt sich für das Bauteil insgesamt ein schichtbezogener U-Wert von 0,91 W/(m2K).

Praxisbeispiel Außenwand

In der Gebäudeenergiepraxis dient der U‑Wert zur Berechnung der tatsächlichen Wärmeverluste über Bauteile der thermischen Hülle. Da Außenmauern in der Heizperiode innen geringfügig kühler als die Raumluft und außen etwas wärmer als die Außenluft sind, beruht die Isolationswirkung nicht allein auf dem Mauerwerk. Deshalb werden in energetischen Berechnungsmodellen zusätzlich die Luftschichten an Innen‑ und Außenseiten berücksichtigt, deren Wärmedurchlasswiderstände dem Bauteilwiderstand hinzugefügt werden.

Abbildung 3 verdeutlicht diesen Sachverhalt am praktischen Beispiel eines Wohngebäudes in der Heizsaison mit Raumtemperaturen von 20°C, einer Außentemperatur von -10°C und Außenwänden aus 36,5 cm gemauertem Ziegelstein. Der rot dargestellte Temperaturverlauf berücksichtigt die isolierende Wirkung der Luftschichten Li und La an der Innen- und Außenseite der Außenwand.

Temperaturverlauf in einer Außenwand.

Abbildung 3: Temperaturverlauf in einer Außenwand mit umgebenden Luftschichten.

Aus technischen Gründen haben die Luftschichten Li und La weder Wärmeleitfähigkeit noch Dicke, sondern werden mit festen Wärmedurchlasswiderständen veranschlagt[2]. So hat an der Innenseite senkrechter Außenbauteile die Luftschicht Li einen Wärmedurchlasswiderstand Rsi von 0,13 (m2K)/W, und die Luftschicht La einen Rse von 0,04 (m2K)/W.

Unter der Annahme einer für Hochlochziegel üblichen Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,68 W/(m K) können nun der U-Wert der Außenwand sowie der Temperaturverlauf durch das Bauteil hindurch berechnet werden. Wie im vorhergehenden Abschnitt addiert man dazu die R-Werte aller relevanten Schichten.

Für den schichtbezogenen R-Wert des Mauerwerks gilt:

\begin{aligned}
R_{Mauerschicht}&=\frac{0{,}365~m}{0{,}68~W/(m~K)}\\
\\
R_{Mauerschicht}&=0{,}5368 \frac{m^2K}{W}
\end{aligned}

Insgesamt, inklusive der Werte Rsi und Rse für die Luftschichten, ist dann der R-Wert der Außenmauer:

R_{Außenmauer}=(0{,}5368 + 0{,}04 + 0{,}13)\frac{m^2K}{W}\\
R_{Außenmauer}=0{,}7068 \frac{m^2K}{W}

Der U-Wert der Außenmauer ergibt sich nun aus dem Kehrwert des R-Werts:

U_{Außenmauer}=\frac{1}{R_{Außenmauer}}\\
 \\
U_{Außenmauer}=1{,}415\frac{W}{m^2K}

Temperaturverlauf in der Außenwand

Für die Außenwand mit Luftschichten an der Innen- und Außenseite fällt die gesamte Temperaturdifferenz von 30 K zwischen Innen- und Außenluft über den modellierten Gesamt-Wärmedurchlasswiderstand ab. Der Temperaturabfall in einzelnen Schichten entspricht dann dem Verhältnis des Widerstands dieser Schicht zum Gesamtwiderstand.

Mit Rsi = 0,13 (m2K)/W ergibt sich beispielsweise für den Temperaturabfall ΔTi innerhalb der innenliegenden Luftschicht Li:

ΔT_i = \frac{0{,}13}{0{,}7068}\cdot 30~K\\
 \\
ΔT_i =5{,}518~K

Nach gleicher Logik folgt für den Temperaturabfall innerhalb von La:

ΔT_a = \frac{0{,}04}{0{,}7068}\cdot 30~K\\
 \\
ΔT_a =1{,}698~K

Also hat die Innenseite der Außenwand eine Temperatur von 20°C – 5,518 K = 14,482°C. An der Außenseite der Außenwand beträgt die Temperatur -10°C + 1,698 K = -8,302°C. Zwischen den nun bekannten Temperaturen an den Schichtgrenzen ist der Verlauf linear, wie in Abbildung 3 zu sehen.

Praxisbeispiel Außenwand mit Innendämmung

Die Konstellation aus dem vorherigen Abschnitt wird nun durch eine 10 cm Dämmschicht an der Innenseite erweitert.

Mauerwerk mit Innendämmung.

Abbildung 4: Schichtmodell bei Innendämmung.

Unter der Annahme einer Wärmeleitfähigkeit der Dämmschicht von λD=0,04 W/(m K) ergibt sich ihr schichtbezogener Wärmedurchlasswiderstand als:

R_D=\frac{0{,}1~m}{0{,}04\frac{W}{m~K}}=2{,}5\frac{m^2K}{W}

Der Widerstand RD addiert sich zum vorher berechneten Wärmedurchlasswiderstand der Konstellation mit Luftschichten, also RAußenmauer=0,7068 (m2 K)/W.

R_{Innendämmung}=R_{Außenmauer}+R_D\\
 \\
R_{Innendämmung}=(0{,}7068 + 2{,}5)\frac{m^2K}{W}\\
 \\
R_{Innendämmung}=3{,}2068\frac{m^2K}{W}\\
 \\
U_{Innendämmung}=0{,}3118\frac{W}{m^2K}

Infolge der Innendämmung sinkt der U-Wert von 1,415 W/(m2 K) auf 0,3118 W/(m2 K) und die Wärmeverluste verringern sich entsprechend auf knapp ein Viertel. Jedoch wird das Mauerwerk nun deutlich kälter, was die Gefahr der Schimmelbildung birgt. In der Praxis bevorzugt man deswegen Dämmschichten an der Außenseite, welche das Mauerwerk erwärmen, statt es auszukühlen.

Bei Innendämmung gilt für den Temperaturabfall ΔTi innerhalb der inneren Luftschicht Li und ΔTD in der Dämmschicht D:

ΔT_i = \frac{0{,}13}{3{,}2068}\cdot 30~K\\
 \\
ΔT_i =1{,}216~K\\
 \\
ΔT_D = \frac{2{,}5}{3{,}2068}\cdot 30~K\\
 \\
ΔT_D =23{,}387~K

Damit beträgt die Temperatur Tia an der Innenseite der Außenwand bei Innendämmung nur -4,604°C!

\begin{aligned}
T_{ia}&=20°C-1{,}216~K - 23{,}387~K\\
&=-4{,}604°C
\end{aligned}

Praxisbeispiel Berechnung der erforderlichen Dicke einer Dämmschicht

Um Fördermittel im Bundesprogramm BEG-EM[3] zu erhalten, müssen Außenwände auf einen U-Wert von maximal 0,20 W/(m2 K) gedämmt werden. Mit der 10 cm dicken Dämmschicht aus dem vorherigen Beispiel erreichten wir einen U-Wert von 0,3118 W/(m2 K). Welche Mindeststärke muss die Dämmschicht haben, damit die Dämmmaßnahme förderfähig ist?

Mit dem Wissen aus den bisherigen Abschnitten kann man diese Frage sehr schnell beantworten. Ein U-Wert von 0,20 W/(m2K) entspricht einem Wärmedurchlasswiderstand von 5,0 (m2K)/W. Die ungedämmte Wand hatte inklusive Luftschichten einen Widerstand von RAußenmauer=0,7068 (m2K)/W. Die Differenz von RD = 5,0 – 0,7068 = 4,293 (m2K)/W ist nun von der Dämmschicht beizusteuern. Die erforderliche Dicke dD folgt dabei direkt aus der Wärmeleitfähigkeit λD=0,04 W/(m K).

d_D=λ_D \cdot R_D\\
 \\
d_D=0{,}04\frac{W}{m~K} \cdot 4{,}293\frac{m^2K}{W}\\
 \\
d_D=0{,}1717~m 

Die Dämmschicht hat also für einen förderfähigen Zielwert von 0,20 W/(m2K) eine Mindestdicke von 17,2 cm.

Fazit

Der U-Wert bemisst die Transmissionswärmeverluste durch Bauteile der Gebäudehülle in Watt pro Quadratmeter und Kelvin. Zur Berechnung des U-Werts mehrschichtiger Bauteile müssen die Wärmedurchlasswiderstände der einzelnen Schichten – also die Kehrwerte ihrer schichtbezogenen U-Werte – aufaddiert werden. Hierbei wird die Isolationswirkung physischer Bauteile durch Luftschichten entlang ihrer Innen- und Außenseiten ergänzt.

Die in der Praxis angesetzten U‑Werte für Bauteile der Gebäudehülle fallen also aufgrund der zusätzlichen Luftschichten etwas geringer aus als die Werte, die sich allein aus den physischen Schichten ergeben würden.

Aus dem U-Wert eines vorhandenen Außenbauteils kann leicht die erforderliche Dämmschichtdicke berechnet werden, um förderfähige Grenzwerte einzuhalten.

Notizen

[1]: Weil nur Temperaturunterschiede relevant sind, können Temperaturen in Grad Celsius voneinander abgezogen werden, um die Differenz in Kelvin zu erhalten. Null Grad Kelvin entsprechen etwa -273°C.

[2]: Siehe DIN EN ISO 6946, wo die Wärmedurchlasswiderstände zu Innen- und Außenluft tabellarisch aufgeführt sind.

[3]: Die Richtlinie zur Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen BEG-EM enthält eine tabellarische Übersicht der Mindestqualität von Bauteilen: https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Energie/beg_richtline_beg_em_20231221_PDF.html